Donnerstag, 12. März 2009
Heute hatten wir die vorläufig letzte Tai Ji-Stunde. Wir waren zu fünft. Es war sehr intensiv. Zum Abschluß saßen wir auf dem blauen Matten sitzend still im Kreis. Richard fand schöne Worte des Dankes und verneigte sich schließlich vor uns. Wir uns vor ihm. Es war eine feierliche Atmosphäre. Ich empfinde es wie ein Band, Verbundenheit und Verständnis, hinter dem vordergründig Sichtbaren wie Vorlieben, Reden, Sympathie oder Antipathie. Ein Band jenseits von Worten. Wo nichts mehr gesagt werden muß. - Oft schwiegen wir ja nach dem Üben, das Bedürfnis nach Reden hat diesem anderen Platz gemacht. Einer Ruhe in einem. - Nach der Stunde gingen wir diesmal zum Italiener ums Eck, ich gab Prosecco wegen meines vergangenen Geburtstages aus und wir aßen Pizza. Als die Wirtin kassierte erzählte sie von ihren beiden Hunden und von ihrem Papagei - und von Liebe. Daß es eigentlich kein Unterschied sei, ob man als Mensch oder als Tier geboren werde. Ich fand, sie war eine schöne Frau, obwohl sie nicht zurechtgemacht war. Florian wird demnächst auf dem Jakobsweg wandern und neben Santiago de Compostela auch das Finisterre, das Ende der Welt, besuchen. Da sagte Günter, daß er das geträumt habe, daß wir alle auf dem Jakobsweg seien.
Auf den Sternenweg.
Wir wollen uns in Zukunft bei hoffentlich wieder bald besserem Wetter an den Sonntagmorgen treffen um dann im Freien zu üben.
Samstag, 14. März 2009
Als ich nach dem ersten Einschlafen wieder aufgewacht bin sah ich eine Spinne rechts von meinem Kopf auf dem Kissen sitzen, ganz nahe bei meinem Gesicht. Eine etwas größere, schlanke, braune Spinne mit langen Beinen. Sie lief aber schnell fort, fort von mir. Machte sich aus dem Staub. Sie war mir nicht zu nahe gekommen.
Ich war so müde, lag schon um halb zehn im Bett.
Konnte nicht mehr anrufen.
Das Telefon neben mir, in Reichweite. Griffbereit. Falls es klingeln würde.
Am Bach
Ein Marienkäfer auf der Unterseite eines welken Blattes. Der Wald scheint blau. Kinder, die Rollschuh fahren. Zaghafte Sonnenstrahlen. Gurgelnder Bach. Ein winzigkleiner Vogel singt hoch oben auf dem Strommasten auf der Wiese hinter der Werkstatt. Eine Schar Meisen am Schlafzimmerfenster. Ich sah ein paar Mal ein Falkenpärchen am Himmel. Ich glaube, daß es Falken waren, die in so auffälliger Weise über das Haus geflogen sind. Turmfalken.
ich
Rosa im Gesicht. Und gelb.
Sonntag, 15. März 2009
Heute war ich in Stuttgart.
Unabhängig voneinander kamen zwei Männer zu mir, um sich ausdrücklich zu bedanken, da ich ihnen jeweils einmal auf ihre Bitte hin durch unser Geschäft geführt habe, als sie einmal unangemeldet vorbeigekommen waren.
Auf der Heimfahrt regnete es. Frösche auf der Straße. Ich fuhr Kurven. Drei Katzen tollten von rechts nach links über die Fahrbahn. Es war in dem selben Ort, in dem, als ich das erste Mal in die Schweiz fuhr, mitten in der Nacht der Bernhardiner auf der Straße gesessen war. Es waren eine schwarze Katze, eine weißschwarz gescheckte Katze und eine fast weiße Katze.
Doris sandte mir ein Gedicht, das sie für mich aufgeschlagen hat. Es ist aus dem Buch Die schönsten Gebete der Welt:
In der ganzen Welt der Leiden aller Wesen,
mögen enden und das Schicksal der Versehrten wieder sich zum Guten wenden,
heilen mögen ihre Wunden, alle Siechen schnell gesunden.
Wir schauen nach ihm und sehen ihn nicht:
Er ist der Unkennbare.
Wir horchen nach ihm und hören ihn nicht:
Er ist der Unvernehmbare.
Wir greifen nach ihm und fassen ihn nicht:
Er ist der Unfaßbare.
Seine Wesens Dreiheit ist nicht zu trennen,
Sie ist nur ineinander verschlungen als Einheit zu erkennen.
Seine Oberfläche ist nicht klar,
seine Tiefe nicht undurchdringbar.
Ewig wirkend, kann man ihn doch nicht benennen.
Er reicht bis ins Wesenlose zurück.
Er heißt: des Gestaltlosen Gestalt, des Bildlosen Bild.
Er heißt: das Unfaßbar-Geheimnisvolle.
Man geht ihm entgegen und findet seinen Anfang nicht.
Man folgt ihm und findet sein Ende nicht.
Wer den Geist (Tao) der alten Meister versteht, beherrscht seine Zeit.
Und durch ihn aller Zeiten Uranfänglichkeit.
Das heißt des Geistes unendliche Kette.
Das Unnennbare - Eine - Der Große Geist von Laotse (4. Jhd. v. Chr.)
Das sind die Meister, die vorangehen.
Samstag, 21. März 2009
Wieder ein Alptraum von einer Flugreise. Ich habe einen Platz rechts hinten, beim Fenster. Plötzlich bemerke ich, daß wir sehr niedrig fliegen, der Pilot fliegt nahe über einem steilen Abgrund dahin. Dahinter erstreckt sich eine weite saharaähnliche Tiefebene. Ich sehe ausgedörrtes Land, eine Sandpiste. Wir werden gleich notlanden müssen!, befürchte ich. Vielleicht müssen wir die Fenster mit den roten Hämmern einschlagen, welche dort griffbereit hängen. Dann aber halten wir wie durch ein Wunder in dem Ort, in dem ich zuhause bin. Genau vor meinem Wohnhaus. Die hintere Türe geht auf. Meine Schwester und noch jemand steigen aus. Ich stehe auf, bin schon an der der Türe. Doch dann erinnerte ich mich an meine Handtasche mit den persönlichen Dingen darin und an ein kleines Täschchen aus hellem Bast, welche beide noch auf meinem Sitz stehen und die ich auf keinen Fall zurücklassen will. Zu meiner Erschütterung schloß sich die Türe aber genau in diesem Moment und das riesige Flugzeug, ein Jumbo, rollte im halsbrecherischen Tempo rückwärts durch die Straße in unserem Ort in Richtung Kirche. O Gott!, dachte ich schmerzlich. Jetzt habe ich die Gelegenheit vertan! Angstvoll blickte ich nach draußen. Die großen Flügel könnten jederzeit die Gebäude berühren und eine schreckliche Zerstörung anrichten, dachte ich weiter in Panik, während wir schnell rückwärts rollen, an den Häusern unseres Dorfes vorbei. Auf einmal befinde ich mich außerhalb des Flugzeugs. Ein langer Weg liegt vor mir. Viele, viele flache graue Betontreppenstufen hinauf. Sie sind nicht besonders hoch, aber es sind so viele. Und ohne Perspektive, ohne Aussicht auf eine Änderung. Die grauen Stufen haben jeweils vorne einen gelben Streifen, damit man sie wohl als solche erkennt und nicht stolpert. Und ich war so schwach. So schwach. So müde. Unendlich müde. Ich war auch sehr krank. Schleppte mich dahin. In meiner großen Not rief ich meine Eltern um Hilfe an. “Bitte, bitte, lieber Vater, liebe Mutter, seht mich! Seht mein Elend. Kommt und helft mir, denn ich bin so krank, ich bin radioaktiv verseucht!” Mit Plutonium. Jetzt befand ich mich auf der Straße in unserem Ort, schleppte mich wieder in die entgegengesetzte Richtung, weg von meinem Zuhause. Mein Mund war voll von einem feinen, hellgelbem Schaum. Dann war die ganze Straße voll davon.
Und ich erhielt eine Postkarte von Simone Engel. Eine Karte mit einem selbstgemalten Stern darauf.
Im Klostergarten von Maria Saal:
fand ich Dornröschen
In den Zweigen des Goldregens Rotkehlchen.
Wolle
Sonntag, 22. März 2009
In Maria Saal: Als wir am Vormittag noch überraschend bei ihr hereingeschneit sind fragte mich Margit - sie und ihr Mann haben sich so gefreut -, ob ich in der Nacht etwas geträumt habe und ich verneinte. Gott sei dank nicht, sagte ich schnell. In letzter Zeit waren so viele Alpträume. Aber das stimmt nicht ganz. Ich hatte es in dem Moment ganz vergessen. Beim Einschlafen träumte ich, daß eine wunderschöne weiße Stielrose aus dem Klostergarten hoch zu dem Zimmerfenster gewachsen ist, in dem ich schlief. Durch das Fenster. In mein Bild. Dabei entfaltete sie sich.
Sein Gesicht, so begeistert und froh, als er sich erbot, daß er sie zum Bahnhof fahren könne.
Warum konnte ich nicht sagen: “Ja, natürlich, das ist eine gute Idee.”
Zu den vier Rosen gibt es eine Geschichte...
Montag, 23. März 2009
Ich träumte von einem jungen Delphin, der gerade über die stark befahrene Autobahn bei Salzburg gerobbt ist und jetzt am Rande der Straße klein, hilflos und schutzbedürftig liegt. Ich muß ihm helfen!
Und das träumte ich:
Morgen ist der Metzger Bauer, morgen ist der Bauer Schmied.
Morgen bist du vielleicht das, was du heute nicht sein willst.
Ein Regentag. Ein orangefarbener Luftballon tanzte über die Straße. In der Kurve im Wald wirbelte der Wind welkes Laub auf die Fahrbahn.
Donnerstag, 26. März 2009
Ein toter Dachs am Straßenrand.
Samstag, 28. März 2009
Wir haben Rosenblätter auf einem Platz gefunden. Ich rief erstaunt: “Schau, da liegen ja Rosenblütenblätter auf dem Asphalt!” Sie waren sehr groß. Rosa. Rot. Sie sahen aus wie aus dem Bilderbuch. Wie gemalt sahen sie aus. Wie von einem englischen Maler für ein romantisches Bild erdacht. Ich bückte mich und sammelte sie händeweise im Neonlicht der Straßenlampen ein. Füllte meine Handtasche damit.
Sie waren feucht vom Regen.
Von der Straße.
Haus am See
Ich bin schon vor drei aufgewacht. War nervös wegen der Fahrt. Regen. Dann ein rosa Streif am Himmel. Es klarte auf und ich fühlte mich frei und leicht, Freude stieg in mir auf. Bereits um kurz nach acht war ich dort.
Zwei Rehe ästen unweit unterhalb des Hauses.
Ein Adler kreiste im Sonnenlicht vor dem Fenster über dem blauen See. Dahinter wir, im Kreis sitzend. Neben mir, auf der Anrichte, stand jetzt eine Figur. Maria mit dem Jesuskind in ihrem Arm. Auf ihrem weißen Kleid war ein zartes Blümchenmuster gemalt. Ein kleiner Vogel auf ihrer rechten Hand.
Sonntag, 29. März 2009
Vor Jahren habe ich einmal einen Film gesehen, aber den Namen nicht behalten. Seither war ich auf der Suche nach dem Namen dieses Filmes, der mich damals so berührt und mir gefallen hat. Aber wie sollte ich fragen, das jemanden erklären, wenn ich nicht einmal den Inhalt richtig wiedergeben konnte? Das einzige, was ich im Gedächtnis behalten hatte, war, daß die Hauptdarstellerin gut kochen konnte und ihre Schwester (?) oft unter Verdauungsproblemen gelitten hat. Und den Schluß habe ich behalten. Das Ende. Der Schluß ist wunderschön. Er ist ein Mysterium. Ein Geheimnis.
Ich verrate ihn nicht.
Und jetzt weiß ich den Titel wieder, weil er ihn mir gesagt hat. Was für ein unglaublicher Zufall ist das nur? Der Film heißt Bittersüße Schokolade nach dem Buch Como agua para chocolate und ist von Alfonso Arau.
Mittwoch, 1. April 2009
Lichthaus
Sonnenaufgang
Vom Faden immer ein Stück abschneiden.
Von der Rolle Schnur, welche in der Küche im obersten Schubladen liegt.
Donnerstag, 2. April 2009
Heut sah ich den ersten Schmetterling. Er war cremefarben.
Dann einen zweiten.
Der Wind trieb Staub über die Straße.
Wenige Meter entfernt ein Berg von blinkendem Schutt.
Glasscherben, glitzernd, im Gras.
Raben.
Große Ameisen.
Moos.
Winzig kleine weiße Blumen - tausend Sterne in den Augen.
Zweige. Zigarettenkippen.
Warten.
Warten.
Eine Hummel.
Diesel LKW.
In der Nacht bin ich aufgewacht, weil ein Netz aus dickem Seil ganz nahe über mir war. Schon während des Aufwachens spürte ich, daß da etwas war und ich versuchte deshalb bei mir zu bleiben, mich zu sammeln, nicht in Panik zu verfallen, es auszuhalten. Bat innerlich um Hilfe.
Der Morgen duftete wirklich, so wie er es mir geschrieben, gewünscht hatte. Winzig kleine weiße Federn sprossen aus meiner Daunenjacke.
Engel
Abends blätterte ich in einem Buch. Ich saß auf dem Bett. Schlug wahllos eine Seite auf, es war die Seite mit dem Foto einer wunderschönen Buddha-Statue. Darunter stand etwas mit Friede. In meinem Kopf rumorten heftig die Gedanken, so wie: Das bringt doch alles nichts. Ich war schlecht gelaunt und müde. Dann aber, auf einmal, während ich weiter auf das Foto sah, begann für einen Moment das Herz in der Brust schneller zu schlagen und zu rumoren, als regte sich etwas. -
Ich kann es nicht festhalten.
Freitag, 3. April 2009
Ich träumte von einem Stadtzentrum mit vielen unattraktiven Hochhäusern. Ich sah es von oben. Doch da, inmitten der hohen grauen Mauern, wuchs ein riesiger Rosenstock. Er stand in voller Blüte und er war mindestens so groß wie ein Wohnhaus. Seine weit geöffneten, vollen Blüten hatten einen Durchmesser von zehn Zentimeter. Er trug unzählige rosafarbene und erstaunlicherweise auch blaue Blüten!
Samstag, 4. April 2009
Ich träumte, daß ich mir wie ein Indianer je eine Schnur mit zwei langen Federn daran um das jeweilige Knie binde. Wie eine Art ritueller Schmuck. In einem anderen Traumbild öffnete ich die Türe zu einem Raum, in dem es sehr hell war. Gelbes Licht. Es war ein Treppenhaus nach oben.
Sonntag, 5. April 2009
Ein stiller Sonntag. Der Himmel bedeckt. Ganz weiß. Es ist mild. Arbeit im Garten. Malen. Lesen.
Meine Hände berühren die welken Blätter der Königskerzen, die so weich sind.
Montag, 6. April 2009
Ich brach Birkenzweige. Nebeldunst erhob sich wie ein Schleier aus dem Wiesengrund.
Es duftete nach Stall. Nach Kühen.
Abends ging ich noch hinunter um Birkenzweige zu brechen. Ein weißer Ball tanzte auf den Wasser des Baches, ganz schnell trieb er vorbei.
Dienstag, 7. April 2009
Freudige Überraschung: Eine Schafherde grast hinter dem Haus.
Mittwoch, 8. April 2009
Der schöne Kerzenleuchter aus dunkelrotem Glas ist mir heruntergefallen. Er war mundgeblasen. In der letzten Woche schon der kleine, goldene Blumentopf.
Das Schiff auf dem Main, das ich heute sah, hieß Ostera. Ostera.
Freitag, 9. April 2009
Ich wollte nur in die Sonne schauen...
Veilchenwiese und Bach
Karfreitag. Auf den Weg zu Doris sah ich eine schwarzweißrot gefleckte Katze, die vor mir die Straße überquert hat. Eine Glückskatze!
Ostersamstag, 10. April 2009
Ich mußte zwei Mal umkehren. Das erste Mal fiel mir ein, daß ich den Computer vergessen hatte auszuschalten, und beim zweiten Mal brach das Krümmerrohr vom Auspuff, gerade nachdem ich getankt hatte. Zum Glück war noch der Uno da. Auf der Fahrt wehte auf einmal ein Duft durch das etwas offen stehende Fenster in den Wagen. Es war ein Duft, den ich schon so lange vermißt habe. So leicht. Der Duft nach Waldmeister.
Ostersonntag, 12. April 2009
In der Schweiz:
Das Türkisblau des Sees, der so tief ist
Das Mädchen mit den lächelnden Ohren. Ich träumte von ihm.
Ostermontag, 13. April 2009
Jedes Mal beim Abschiednehmen sind Tränen in seinen Augen.
“Du weinst doch nicht?”, fragte ich.
Wieder daheim fand ich in meinem Rucksack und in der Handtasche unzählige Schokoladeneier in buntem Stanniolpapier mit Punkten darauf.