Dienstag, 27. November 2012
Jemand, eine Frau, führt ein tulpenförmiges Glas Wein zum Mund. Es ist bis zu seinem Rand gefüllt.
Mittwoch, 28. November 2012
Am seidenen Faden
Zwei weiße Schwäne, die mit bedächtigen Flügelschlägen nebeneinander niedrig über das Haus flogen. Einander zurufend. Zu den Weihern.
Sonntag, 2. Dezember 2012
Der Junge aus dem fernen Land trug ein himmlisches Wesen genau auf der Spitze seines Brustbeines tätowiert. Auf seinem Sternum.
Jeder von uns ist ein Engel mit nur einem Flügel. Wir können nur fliegen, wenn wir einander umarmen. Dies ist von Luciano de Crescenzo und war heute auf meinem Adventskalender zu lesen.
Montag, 3. Dezember 2012
Bunte Paradiesvögel - und mitten darin eine außergewöhnliche Katze
Leuchtend bunte Paradiesvögel haben sich im Hof versammelt. Mit rotem und mit blauem Gefieder. Auf der Spitze meines rechten Zeigefingers saß ein kleiner weißer Vogel mit einem sonnengelben Kopf. Es war eine Schwalbe, das wußte ich.
Aber dies war noch nicht wunders genug, auch meine kleine ach so hübsche, heißgeliebte und kuschelig weiche graugetigerte stummelschwänzige Katze Minze mit ihren übergroßen schillernden bernsteinfarbenen Augen war plötzlich wieder da. In diesen wie mit schwarzem Kajal umrandeten leicht schräg gestellten ägyptischen Augen haben stets winzige schwarze Punkte in einem goldenen See geschwommen, gleich rätselhafter Sonnen. Noch nie habe sie so eine verwöhnte Katze gesehen, hat mir einmal jemand gesagt. Das war leider wirklich so. Zudem war sie schlau, eine gerissene Jägerin und trotz ihrer geringen Größe und Zartheit außerordentlich penedrant, wenn es um die Durchsetzung ihres Katzenwillens ging.
Ich war ihr voll und ganz verfallen.
Nun tat sie aber etwas ganz Erstaunliches! Sie hat ein besonderes Kunststück vollbracht. Sie drehte nämlich inmitten der ganzen Vogelschar lustige Pirouetten im Kopfstand auf dem Asphalt - auf ihrer entzückenden kleinen Nase!
Sie ist ganz offensichtlich über sich selbst hinausgewachsen.
Donnerstag, 6. Dezember 2012
Drei Nüsse
In einem winzig kleinen hölzernen Stiefel fand ich: einen noch viel kleineren Apfel, drei goldene Nüsse und drei Lebekuchen - und, ja was ist denn das? -, der dritte ist ja schon angeknappert! Und: da ist ja auch eine kleine weiße Maus! Eindeutig war sie der “Übeltäter”.
Was hat sich denn der Nikolaus wohl dabei nur gedacht, alles zusammen in einen Stiefel zu stecken?
Schon am Wochenende einmal hatte eine kleine Maus mitten in der Nacht lautstark auf sich aufmerksam gemacht. Sie hauste in dem Schrank unter der Spüle, woraus seltsame Geräusche gekommen waren. Hu, wer ist denn das, habe ich zuerst erschrocken in die Dunkelheit hinein gemeint, ein Geist? Sie hat winzige Reste feiner italienischer Antipasti von den ungespülten Tellern genascht, die von jemanden vor dem Schlafengehen schnell dort versteckt worden waren.
Freitag, 7. Dezember 2012
Die Straße gleicht flüssigem Gold, windet sich, eine leuchtende glitzernde Schlange die Anhöhe hinauf, links gesäumt von einer endlosen Reihe knorriger blattloser Zwetschgenbäume, der Himmel ein luftiger Spiegel, teils mit schweren pudergrauen Schneewolken verhangen, teils klar voller Sonnenstrahlen und eisig blau.
Paradiesvogel
Sonntag, 9. Dezember 2012
Noch ein Buchvorschlag:
Für den Gefallen deiner Seele, so heißt es. Von Peter und Carl Amm. Der ganze Text wurde in Kursiv auf die lose eingefügten weißen Seiten niedergeschrieben.
Freitag, 14. Dezember 2012
Noch ein weiterer Buchvorschlag:
Eintauchen in das ALL von Walther Braunschwaig
Silberne Sterne auf tiefseegrünem Grund, filigran wie Schneeflocken.
Sonntag. 16. Dezember 2012
Fahrt nach Hause
Mittwoch, 19. Dezember 2012
Gedicht (des kleinen Jungen):
MACHT
FRIEDE
ZUHAUSE
Samstag, 22. Dezember 2012
Eine rosafarbene Glitzerkugel mit erstaunlicher Fracht wurde an einem feinen Faden herabgelassen:
Hallo Du!
Wer bis Du denn? Ein kleiner Zauberlehrling?
Sonntag, 23. Dezember 2012
4. Advent
Ein brennentes Streichholz fällt zu Boden und erlischt.
Montag, 24. Dezember 2012
Lieber Leser,
frohe Weihnachten!
Dienstag, 25. Dezember 2012
Nach dem Abendessen habe ich mit zwei der Kinder (welche eigentlich gar keine mehr sind) Drei Nüsse für Aschenbrödel angesehen. Auf dem Sofa hingekuschelt. Sie mögen es sehr und ich auch. Wieder zuhause ging ich mit Yoda einige Schritte durch die Dunkelheit zum gurgelnden Bach und zur Weide. Er war zu einem weiten bleichen See angeschwollen, in dem sich das Mondlicht spiegelte. Die Weide sang leise. Das Wasser reichte fast bis zum Haus. Die Glocken läuteten durch die stille blaue Nacht.
Später habe ich mich mitten auf den roten Teppich mit seinen blaubunt eingewebten Blumenvasen gesetzt und all die netten liebenwürdigen Kleinigkeiten ausgepackt. Gerührt die lieben Zeilen gelesen. Glitzerstaub rieselte leise neben der kleinen Elfe, welche es sich auf dem runden Stein mit der Sonnenblume gemütlich gemacht und mir lächelnd dabei zugesehen hat.
Zog ein großformatiges Buch aus seiner Pappkartonhülle.
Auf seinem sonnengelben Einband stand raumfüllend in weißen Lettern:
DIE VOLLENDETE KÜCHE.
Mittwoch, 26. Dezember 2012
Weihnachtsmittagessen: Pasta mit Schnee-Parmesan. Damit es wenigstens ein bißchen weiß ist.
Samstag, 29. Dezember 2012
“Wenn du dich wunderst - dies sind Bilder, die nicht von dieser Welt sind. Sie sind unbezahlbar.”
Dienstag, 31. Dezember 2012
Basalt
Ich sagte: “Den Stein nehme ich mit!” Dann sagte ich es noch einmal. Drehte den zweiten um. Plötzlich ein Gesicht.
Ein versteinerter Wasserfall. Dunkelgrau. Feuchtgrün. Moosbewachsen. Zwischen den Stämmen der kahlen Bäume braust und sprudelt er bewegungslos den Hang hinab. Erstarrt. Einst feuerglühend aus den tiefsten Tiefen gespien, dem Mittelpunkt der Erde. Tannenzapfen. Grasähren. Auf einmal der feine, kaum wahrnehmbare Duft von Waldmeister über allem. Wo sind wir hier? Etwas wird weit. Graue, enge Fesseln lösen sich und fallen ab. Angekommen. Hier möchte ich eine Nacht verbringen, tief und fest unter den Tannen und dem Sternenhimel schlafen. Das weite rauhe Land, den Regen, den Nebel, die Wolken, den Wind atmen.
Kein elektrisches Licht in der Gaststube. Anstattdessen die warme gelbe Flamme einer Öllampe an jedem besetzten Tisch.
Er wurde mir nach Hause getragen. Schwer war er. Sehr schwer.