Zum Hauptinhalt springen

Donnerstag, 22. Mai 2008

In der Nacht: Das gelbe Licht der Straßenlampe auf der anderen Seite des Baches verwandelte sich durch die sich vom Wind bewegten Blätter der Erlen in ein goldenes Mühlrad. Ein ein goldenes Rad.
Beim Aufwachen am Morgen sah ich das Bild einer dunkelgrünen Blumenwiese voller blauer Vergißmeinnicht vor meinem inneren Auge. - Es gibt so ein Gemälde von Gustav Klimt, das heißt Mohnwiese, und ganz ähnlich war das innere Bild, das ich sah, nur eben mit unzähligen himmelblauen Punkten, welche im saftigen Grün funkelten, zerflossen, flimmerten.

 

 

 

 

 

Was heute war.
Heute war... heute waren schrägstehende Sonnenstrahlen am Abend.
Der Baum stand still.
Und für einen Moment hielt auch ich den Atem an. Es war so, als hätte für einen Augenblick alle Zeit, als hätte „der Lauf aller Dinge“ innegehalten.

Freitag, 23. Mai 2008

 

Ein Traumbild mit Aprikosen. Mit Aprikosensaft und mit vollreifen Früchten daneben.
Aprikosenwangen.

 

 

 

 

 

Es gibt mehr als eine Straße,
die zum Leben nach dem Leben führt,
es gibt mehr als eine Art zu lieben,
es gibt mehr als einen Weg,
die andere Hälfte seines Selbst
in einem anderen Menschen zu finden,
es gibt mehr als eine Art, den Feind zu bekämpfen.
Wer sein Selbst nicht lieben kann,
kann niemanden lieben.
Wer die schon vor der Geburt erhaltenen Gaben
nicht respektieren kann,
kann nie etwas richtig respektieren.

aus dem Indianischen

(Entnommen aus dem Buch “Das Tiroler Zahlenrad”)

 

 

 

Diese Zeilen sind meinen Geburtszahlen gewidmet.

Samstag, 24. Mai 2008

Wunderbaum

 

 

 

Im Traum beugte ich mich über ein klares Wasser. Es war ein Teich oder sogar ein Meer. Viele kleine längliche Fische flohen vor meinem Schatten, sie schwammen eilig davon.
Beim Einchecken habe ich einen Fensterplatz reserviert. Ich sagte: Vielleicht haben Sie noch einen Fensterplatz frei? Als ich zu der entsprechenden Sitzplatzreihe kam, sah ich, daß mein Fensterplatz belegt war, daß nämlich eine kleine mollige Frau auf dem Platz saß, daneben ihr Mann. Es waren Türken, ganz einfache Leute, der Mann trug einen dunkelblauen Anzug, seinen besten bestimmt. Später blätterte er in einem Heft, offensichtlich ein Gebetbuch, dessen aufgeschlagene Seiten sehr schön aussahen. Der Text war mit prachtvollen goldenen Rahmenwerken umrahmt. Manchmal warf ich einen neugierigen Blick darauf. Später bedeuteten sie mir, daß sie weiter nach Ankara flogen, nach Hause. Die Frau hatte etwas an ihrer rechten Hand, sie konnte sie schlecht bewegen. Sie trug deshalb auch einen fingerlosen Strickhandschuh. Sie ging auch schwer, sah ich später, als wir in Istanbul angekommen waren und durch den Flughafen gingen.

Sonntag, 25. Mai 2008

 

Ich träumte, daß ein Soldat mit einem verdeckten Gesicht in der aufgehenden Türe stand. Und dann träumte ich von einem Mann, in dessen Haupt sich die Sonne ergoß. Die Sonne stand genau über ihm. Da öffnete sich sein Haupt und die Strahlen der Sonne flossen in seinen Kopf hinein. Die Sonne gab ihm ihr Licht, vielleicht bedeutete das Traumbild das. Ihre Weisheit. Ihre Liebe. Ihr Sein. Sie erleuchtete sein Denken, seinen Geist. So daß er dann selbst wie eine Sonne war. Zu einer Sonne wurde. Es war wie ein in gröberen schwarzen Strichen auf weißem Grund gezeichnetes Bild, oder glich auch einen Holzschnitt. Es waren mehrere Bildsequenzen, die an Skizzen erinnerten. Zuerst war die Sonne nicht sichtbar und zuletzt schien der rechte Bildrand durch eine senkrechte Linie abgeschnitten. Ich träumte auch von einer Frau in einem T-Shirt, die eine schöne goldene Kette mit einem goldenen Engel um den Hals trug. Der Engel flog. Seine Füße waren mit dem einen und seine Hände mit dem anderen Ende der Kette verbunden, hielten sie.

 

 

Die Akademie: Der Eßraum und ein kleiner Bereich des Gartens

 

 

Unser Koch und der Junge -
Das Bild links oben zeigt die Augen von Atatürk

Montag, 26. Mai 2008

Das Thema war, die Bucht zu malen

Wir hörten, während wir malten, klassische Musik, und die Musik begleitete uns den ganzen Tag. So wie das Blau des Meeres, das wir ständig vor Augen hatten, dieses Azurblau, welches zum Horizont hin mehr und mehr verblaßte um schließlich mit dem Himmel eins zu werden. Dem Himmel, der so durchscheinend weiß war.
Schiffe fuhren in dem Blau.
Diese Bucht.
Sah man aus einem der Fenster des Ateliers, erblickte man die Bucht. Da lag sie ausgebreitet wie ein kostbarer Edelstein, ein funkelnder Saphir, an dessen Rändern dunkelgrüne Pinienwälder, die auf den felsigen Abhängen gewachsen waren, wogten.
Es gab auch Hühner. Hühner fressen Skorpione. Die Hähne krähten den ganzen Tag über. Ich fotografierte sie, während sie mich mit ihren kleinen, rotumrandeten Äuglein mißtrauisch anstarrten. Silbern bewegten sich die Wipfel der Ölbaumwälder im Sommerwind.
Und da war so ein Ton, ein stetiges Rauschen, am Morgen hörte ich es vor allem. Immer dieser Ton. Vielleicht kam es von einer seltsamen Maschine in der Nähe, die ich aber nicht sah, deren Standort ich nicht ausmachen konnte.
Der Geruch nach Papier und Farbe.
Die hellen, weißgetünchten Zimmer.
Die blaue Türe.

 

Drei Samen

Am Abend hielt Ina einen Dia-Vortrag über Komposition. Das Eröffnungsbild war die Auferstehung von Matthias Grünewald. Ein weiteres bemerkenswertes Gemälde, das wir sahen, vom Inhalt her wie von der Komposition, war Das Gleichnis von den Blinden von Pieter Brügel, das ich hier verlinken möchte.

 

 

Blume

 

 

Ich träumte auch von der Bucht. Und ich träumte von Zweien, die zwischen den beiden Bergen über das Wasser, über den Horizont gingen. Sie konnten auf den Horizont gehen.

Dienstag, 27. Mai 2008

Eine Gottesanbeterin flog auf den Abendbrottisch, um den wir alle saßen. Wie ein Stein landete sie mit einem lauten Geräusch auf der Tischplatte. Sie landete bei meiner Tischnachbarin und ging dann langsam, wie ein Roboter, zielstrebig in meine Richtung. Noch nie hatte ich solch ein Tier aus der Nähe gesehen! Sie war über zehn Zentimeter groß. Ungerührt starrte die Gottesanbeterin um sich, sie wirkte dabei selbst wie eine unnahbare Göttin. Was für ein seltsames, was für ein außergewöhnliches und schrecklich schönes Geschöpf! Ich sprang vor Schreck, als sie näher und näher zu mir schritt, schnell vom Stuhl auf, so daß er laut nach hinten umkippte. Schließlich flog sie in einem weiten Bogen in Richtung der bewachsenen Steinmauer hinter dem Pool.

 

 

 

Ich blätterte durch ein Büchlein mit türkischen Sprichwörtern, das unsere Kursleiterin illustriert hatte: Liegt der Weg vor dir im Dunkeln, so wisse: der Vorhang ist vor deinem Auge, nicht vor dem Weg. (Türkische Sprichwörter, dtv)

Mittwoch, 28. Mai 2008

Am Morgen träumte ich vom Meer. Das Meer war so blau, hellblau, fast silber, war es, und auch der Himmel hatte dieselbe Farbe. Es schien endlos. Die Oberfläche des Wassers funkelte in der Morgensonne. Es sah aus wie ein glitzernder hellblauer Teppich. Es war das Glitzern des Sonnenlichtes auf dem Wasser, was dieses Traumbild so besonders machte. Dieses Licht. Linkerhand am Horizont erhoben sich die Berge der weit entfernten Ufer blau aus dem Dunst. In der Mitte war eine Pier, ebenfalls blau, und auf der Pier stand eine Freundin. Sie trug ihr rotes Röckchen. Dann war die Freundin verschwunden und nur noch das Meer. Das Wasser glitzerte, die Sonne durchstrahlte das ganze Bild, das Freude aber auch Ruhe ausstrahlte. Wie ein vollkommener Morgen.

Ich träumte auch, daß mich ein Mädchen zum Einkaufen begleitete. Da waren zwei Stoffe. Ein Stoff war besonders und ich überlegte etwas davon zu kaufen. Es war weiße Seide mit mittelblauen, dickeren Querstreifen. Doch dieser Stoff war sehr teuer. Ein einziger Meter kostete unglaubliche siebenhundert Euro. Das ist zu teuer, sagte ich zur Verkäuferin, denn siebenhundert Euro sind ein halbes Monatsgehalt. So viel Geld kann ich nicht für nur einen Meter eines Stoffes ausgeben. Die Verkäufern nickte daraufhin und pflichtete mir bei, daß der Stoff zu teuer sei. Das blonde Mädchen duschte dann schnell, während ich große Sehnsucht hatte endlich nach Hause zu gelangen.

 

Am Morgen

 

 

 

Vor dem Frühstück unternahmen wir einen Spaziergang auf die andere Seite des Bergkamms, an welchen sich die Akademie schmiegte. Meine Begleiterin hatte schon einige Tage vorher den Pfad entdeckt und mich gefragt, ob ich sie nicht einmal begleiten wolle. Nachdem wir schon eine Weile hintereinander her gegangen waren, sah ich plötzlich von weitem einen Mann in dem steil abfallenden und nach wilden Kräutern duftenden Pinienwald einsam und still auf einem Stein oder einem Baumstumpf sitzen, der stumm in unsere Richtung sah. Wir gingen weiter. Kletterten über den felsigen Bergkamm, der auf der anderen Seite ebenfalls unerwartet steil ins Meer abfiel. Wir bogen nach links ab und stiegen über Wurzeln und Steine noch höher hinauf. Der Abhang war teilweise mit bereits vertrocknetem Gras bedeckt, das oft vom Licht irisierender hauchzarter Blüten durchbrochen war. Der Blick, der sich uns oben angelangt schließlich nach Osten hin auf die Weite des Meeres und auf die Insel bot, welche sich inmitten des Zugangs zur großen Bucht aus dem Wasser weit unter uns erhob, war atemberaubend und entschädigte mehr als genug für das frühe Aufstehen und den mühsamen Aufstieg. Er war so schön, daß wir lange innehielten. Die Morgensonne zauberte einen noch jungfräulichen Schimmer über die schroffen Berghänge mit ihrem dunkelgrünen Pflanzenbewuchs, obwohl ihre Strahlen bereits sehr warm und stark waren. Es war, als hätten wir plötzlich Eintritt in eine andere, in eine noch ganz unberührte Welt gefunden. Die üppige und wilde Natur dieses Landstriches schien uns glühend heiß und kühl zugleich zu umarmen. Anzuhauchen. Mit uns zu atmen. Bot sich unseren staunenden Augen, unseren Sinnen dar. Das Meer glitzerte. Jedes gesprochene Wort schien zuviel.

 

 

 

Kleine Fischlein tummelten sich im seichten Wasser. Mit ihren weichen Mündern berührten sie immer wieder meine Beine und meine Füße. Knabberten an den Zehen.

 

 

Die Bucht von Turunc

 

 

 

Heute gelang mir ein Bild. Nach vielen Versuchen.

 

 

 

Male das Jahr, sagte sie.
Male die Blume.
Den Tag.
Ohne die Wand.
Male so, daß die Farben verschwinden und die wahren Lichter erscheinen.

 

 

 

Am Abend hielt der Professor einen Vortrag über traditionelle türkische Musik für uns. Über die Musik der einzelnen Regionen des Landes. Wir hörten wehmütige Zigeunermusik, Klänge, welche vom Griechischen beeinflußt waren, Musik aus Erzorum und aus vielen anderen Gegenenden. Einmal benutzte er hölzerne Löffel und klapperte mit ihnen zum Takt der Musik.
Am Ende des Vortrags tanzten wir alle.

 

 

 

Appetit auf Farben

Donnerstag, 29. Mai 2008

Ich träumte, daß ich dasaß und ein Bild auf meinem Schoß in der Hand hielt. Es war ein Aquarell. Es zeigte eine blautürkise Wolke, einen Himmel, darin war mit schwarzen Linien ein Haus gemalt. Ein Schloß. Oder waren es arabische Schriftzeichen? Ein schwebendes, orientalisches Gebäude. Es hieß: Du hast mich gerufen...

 

 

Einsamer Strand

Heute haben wir einen Bootsausflug entlang der malerischen Küste, die über und über mit wucherndem Grün bewachsen ist, worin gelbe und rosafarbene Flächen in der Sonne leuchteten und loderten, unternommen. Wir fuhren auch in eine unberührte Bucht, in der sich zu meinem Entzücken zwei alte Ruinen befunden haben. Während die anderen badeten, wollte ich den Hügel zu den Überresten einer kleinen griechischen Kirche ersteigen, doch es gelang mir nicht. Das Kirchlein war ringförmig von hohen zerklüfteten Steinwällen umgeben, über die ich mühselig in der brütenden Hitze mit den Holzschlappen und bloßen Beinen balancierte, denn ich fand nirgendwo einen Weg. Schließlich gab ich resigniert auf, als ich schon hoch oben vor einer undurchdringlichen grünen stacheligen Wand gestanden war und nicht mehr weiter kam. Die hohen Hecken auf dem steilen Abhang schienen undurchdringlich. Ich dachte auch, daß die anderen bestimmt schon warteten, und machte mich von mir selbst enttäuscht, da ich nicht mehr Mut und Ausdauer aufbrachte, wieder vorsichtig an den Abstieg. Vielleicht wäre es wichtig gewesen, zu der kleinen Kirche zu gelangen, dachte ich.
Für mich selbst.
Ein Junge verkaufte Kräuter am einsam verlassenen Strand. Sie lagen in Tüten auf einer Art wackeligen Tisch ausgebreitet.

 

 

Der Tisch wird gedeckt:

 

Das leckere Essen. (Es war nicht so, daß ich stets so wenig aß, meist füllte ich mir ein zweites Mal den Teller. Oder auch noch öfter.)

 

 

Die Akademie

Freitag, 30. Mai 2008

Der letzte Tag. Am Spätnachmittag wurde zum Abschluß eine kleine Ausstellung veranstaltet und ein jeder von uns hatte sich dafür fein gemacht. Unser Koch, der in der Türkei berühmt ist, trug neben seiner großen weißen Kochmütze dafür extra auch seine vielen Auszeichnungen an der Brust. Jeweils das beste Bild war im Atelier auf einer Staffelei ausgestellt. Wir stießen an und alles war sehr festlich. Anschließend feierten wir bei einem üppigen Abschiedsmahl.

 

 

Die Zypresse und die Sonne

In der Nacht, wenn ich im Bett lag und die Augen geschlossen hatte, explodierten die Farben vor meinem inneren Auge. Bild um Bild entstand, erwuchs, begann sich zu entfalten. Aquarellbilder, wie ich sie bei Tage malte, nur viel schöner, viel üppiger. So als malte jemand weiter. Dieser Künstler kannte keine Begrenzung, eine Hemmung, alles was er tat, tat er vollkommen. Eine unsichtbare Hand hält einen unsichtbaren Pinsel und malt und malt. Wie aus einem Füllhorn begannen Linien und Farben aus dem Nichts zu wachsen. Sich wogende Farbbäume, mit Schmetterlingsflügeln.
Quer über die Zimmerdecke entwickelt sich ein Linienmuster, es sind zwei Linien, die einander treffen, berühren, um sich dann wieder zu verlieren, immer wieder, sie bilden ein unendliches Band.
Eine Zypresse vor dem weiten Meer. Über dem Meer, dem Horizont, genau über der Zypresse, genau in der Mitte des Bildes, steht die Sonne. Das Licht der Sonne reflektiert auf dem Meer, es fließt auf dem Wasser vom Ende des Horizonts zu der Zypresse hin und umhüllt sie.

Samstag, 31. Mai 2008

Der Junge spritze zum Abschied mit dem Gartenschlauch die Frontscheibe unseres Taxis naß. Dabei lachte er und strahlte er über sein ganzes Gesicht, während das Wasser nur so aus dem Schlauch auf die Scheibe sprudelte. Das bringt Glück. Alle standen vor dem Haus versammelt und winkten uns nach.
Auf dem Weg zu Flughafen fuhren wir durch märchenhafte Pinienwälder, die von schmalen Bächen durchflossen waren, an deren Ufern wilder Oleander üppig rosafarben blühte.
Eine kleine Schildkröte überquerte die Straße.
Beim Frühstück erzählten wir uns unsere Träume. Und wir feierten unser Geburtstagskind. Der Koch hatte sogar Kuchen gebacken und servierte ihn stolz.

 

 

Samstagabend am Bosporus

 

 

 

Ein Taxifahrer gab uns nach der Fahrt von der Metro zum Hotel unerwartet Geld zurück. Der Preis, den ein anderer bestimmt hatte und dem er dann auch schnell einen Geldschein von der Summe zugesteckt hat, war wohl doch zu hoch gewesen, so daß ihm Gewissensbisse plagten.

Diese pulsierende Stadt mit ihren unzähligen Händlern, dem Gewirr an Menschen, ihrem brodelnden, lauten Charme.
Sie hat mich auch an Lissabon erinnert.
Mit ihren Möwen. Lachmöwen. Selbst in der Nacht umkreisen sie eindrucksvoll laut rufend die Türme der Moscheen, was für ein Anblick! Von ihrem seltsamen Geschrei erwachte ich mehrmals.

 

 

Die Hagia Sophia, die Heilige Weisheit

Sonntag, 1. Juni 2008

Auch in der Türkei sah ich Uhren ohne Zeiger. Sie waren aus Porzellan.
Das Werk mit den Zeigern wird nachträglich eingesetzt.

 

 

Treppe zum Meer und eine rote Rose, welche aus den Steinen gewachsen ist

Wieder Zuhause. Der Ort, an dem wir malten, hieß in das Deutsche übersetzt “Bittere Pampelmuse”.
Ich sah Istanbul.
Hatte Heimweh.
Andreas holte mich vom Flughafen ab.
Was habe ich mitgebracht?
Einen Sonnenbrand.
Betörend schöne lilafarbene Blüten der Bougainvillea, welche ich zwischen die Seiten meines Buches gelegt habe, um sie zu trocknen. Um sie irgendwann einmal, wenn ich dieses Buch wieder lese, ganz überraschend wiederzufinden und um mich dann an ihnen zu erfreuen. Um dadurch das Buch zu ehren. Um mich dadurch wieder an das Land zu erinnern. Seinen Duft zu atmen. Seine Farben zu sehen. Das Blau des Meeres. - An einem Tag, als wir mit dem Schiff fuhren, hatte es die Farbe von Indigo. Deine Farbe, sagte sie.
So blau war es.
Deshalb, weil ich an einem der Abende solch ein blaues Kleid trug. Und auch deshalb, weil viele meiner Skizzen in diesem Farbton gemalt waren.
Auf den unwirtlichen, zerklüfteten und steilen Felsen der Küste grasten braune und weiße Ziegen zwischen wogenden blühenden Büschen.

 

Die Bougainvillea, das las ich gerade, gehört zur Familie der Wunderblumengewächse. Also ist sie eine Wunderblume.
Angelika erzählte mir erstaunt, nachdem ich ihr ein Buch (es war das Buch über Tai Ji, das ich so mag) von mir zum Lesen geliehen und sie schon etwas darin geschmökert hatte, daß sie schon einmal in der Türkei war und dort einen Kurs in Wundern besucht hat. Es war nämlich so, daß der Kurs in Wundern in der Essenz ganz dem Inhalt des Buches glich, das ich ihr gegeben hatte und das sie eben ganz unerwartet wieder daran erinnert hat. Ich fragte sie dann, was das ist, der Kurs in Wundern, weil ich noch nie davon gehört hatte. Ich stellte mir vor, daß es ein Kurs ist, bei dem man wieder lernt, sich zu wundern, wie man sich einst als Kind über alles, über die Schönheit der Welt zum Beispiel, über ihre Möglichkeiten, über die Schönheit einer Blume, eines Tieres, über die Schönheit einer einzigen, eigentlich ganz unauffälligen Bewegung, also der Schönheit von allem, was ist, gewundert hat. Bei dem man wieder lernt, ganz erstaunt, mit offenen, mit wachen, mit “verwunderten” Augen in der Welt zu sein. Denn als Erwachsener hat man diese Kunst, die eine ganz reine ist, manchmal verlernt.
Safran.
Getrocknete gelbe Blüten vom Gewürzbazar, welche einen Tee für die Gesundheit der Galle ergeben.
Getrocknete Rosenknospen, ebenfalls für einen Tee.
Eine blumenbestickte Decke für das Sofa, die vollkommen bunt ist.
Zuhause lief ich durch die Wohnung. Begrüßte die Blumen. Begrüßte die Katzen. Die kleine graugetigerte Katze schmiegte sich sichtlich froh an mich. Yoda, der rote Kater, blieb bis zum Abend verschwunden. - Auf einmal waren die Rosen erwacht, üppig duftend hielten sie ihre geöffneten Blüten der schwülen Nachmittagssonne entgegen. Auf einmal ist Sommer. Die Schwertlilien strahlten. Die erste Blütenknospe der Seerose hatte sich aus dem stillen Wasser der großen blauen Emailleschale erhoben.

 

 

 

Was ist schwer? Sich selbst treu zu bleiben.
Damit meine ich, diesem “Wahren” in sich treu zu bleiben, es zu achten.
Für mich ist es schwer.
Und vielleicht ist da nicht viel Wahres.
Aber eigentlich muß es doch umgekehrt sein. Daß einem das leicht fällt. Daß es wie ein Fließen ist. Ein Fließen wird, und keine Spannung. Nicht dieses Gefühl, als wäre mein Kopf vollkommen verrückt geworden. Als wäre alles falsch, vergebens. Als hätte ich allen Anschluß, als hätte ich alles Vertrauen verloren. Und meine Seele noch dazu.
Daß, einmal angestoßen, eines das andere ergibt.

Montag, 2. Juni 2008

Nicht ich, sondern der Junge hat mein Bild gemalt, sagte ich im Traum.
Als ich durch die Nacht zum Auto ging, mit geschwollenen Beinen, duftete es traumhaft. Die Luft war lau, satt und weich. Nach Jasmin. Nach Rosen duftete es. Ich habe dort einen bunten Salat gegessen, der inmitten eines großen blauen Tellers serviert wurde. Auf dem Rand des Tellers waren in Gold die Symbole der zwölf Tierkreiszeichen gemalt.

 

 

 

Am Abend beim Clubtreffen hielt Jutta einen Kurzvortrag über ein Thema, auf das sie durch einen Zeitungsartikel der Faz im November letzten Jahres aufmerksam wurde und das sie schockiert und erschüttert hat. Es ist so, daß jede von uns stets die Möglichkeit hat, ganz spontan bei einem Treffen fünf Minuten über ein Thema, auf das sie aufmerksam wurde und das sie nun beschäftigt, also das ihr am Herzen liegt, zu sprechen, um uns das mitzuteilen.
Es war bereits kurz vor zweiundzwanzig Uhr, eigentlich wollte ich schon aufspringen um mich zu verabschieden, doch ich blieb sitzen und hörte mit den anderen schweigend und betroffen ihren Worten zu. Es ging um die Situation der Frauen im Kongo, welche gezielt - obwohl eigentlich seit 2003 offiziell Frieden im Land ist - Opfer grausamster Vergewaltigungen unter satanischen Ritualen werden. Es handelt sich hierbei um systematische Vergewaltigung als Kriegswaffe, eigentlich auch heute noch ein totgeschwiegenes, ein Tabuthema.

“Sexualisierte Gewalt gegen Frauen im Krieg ist so alt wie der Krieg selbst. Das Thema Vergewaltigung und Frauenraub durchzieht die gesamte griechische und römische Mythologie. Sie dienen der Demütigung, Erniedrigung und Zerstörung des Feindes. Ob heute im Sudan, in Tschetschenien, Kolumbien oder Indonesien oder vor fünfzehn Jahren in Bosnien, im Vietnamkrieg, beim Eroberungsfeldzug der Japaner im China der dreißiger Jahre, im Zweiten Weltkrieg durch deutsche Soldaten, in Zwangsbordellen von Konzentrationslagern oder vor 60 Jahren kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch sowjetische, französische oder US-amerikanische Soldaten in Deutschland (um nur einige Beispiele zu nennen).”

„Die systematischen Vergewaltigungen und Mißhandlungen der Frauen sind eine Kriegswaffe, die gezielt eingesetzt wird. Die Frauen sind der Motor der Gesellschaft, ganz besonders in Afrika; sie bestellen die Felder, ernähren die Familie und erziehen die Kinder. Mit der Zerstörung der Frau wird der Motor, das Herz des Landes zerstört.“

Die beiden Zitate sind der Web-Seite Im Schatten des Bösen nach der gleichnamigen Film-Dokumentation entnommen, auf welcher mehr Informationen zu finden sind.
Bitte lesen Sie.

Dienstag, 3. Juni 2008

Seit heute sind Ameisen im Wohnzimmer. Sie wandern an der Wand entlang zum Sofa hin, umrunden es, umrunden den Teppich, genau am Rand, und tummeln sich am Glasschrank. Denn darin steht auch eine Flasche Crème de Cassis aus Dijon. Es sind sehr viele. Begegnen sie sich zwei Ameisen auf ihrer Straße, betasten sie sich mit den vorderen Beinen und begrüßen sich. Wahrscheinlich erzählen sie sich, was alles in meinem Zimmer ist.

Mittwoch, 4. Juni 2008

Ich träumte, daß mir ein großer schwarzer Jeep mit roten Seitenstreifen auf der gegenüberliegenden Fahrbahn entgegenkommt. Er fährt auf der Überholspur und kommt von dort auf unsere Spur und fährt direkt auf mich zu.
Winter vor dem Haus. Ich bin draußen, im Schlafanzug. Jemand schießt mit einer Waffe auf mich. Und da ist auch eine Frau. Alles ist verschneit.

 

 

 

Ich träumte auch noch diesen Satz: In den blauen Sätzen liegt die Freiheit und im Meer die Sonne.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Ich träumte von dem Tiroler Zahlenrad. Allerdings nicht als Zahlenrad sondern in anderer Form, nämlich in Form von gemalten Bildern, von Landschaftsbildern. Die Bilder waren in den entsprechenden Farben der Zahlen gemalt. Die Art der dargestellten Landschaft, ihre besondere Form, die gewählten Farben, all das zusammen stellte jeweils das Wesen eines bestimmten Menschen dar. Es waren sozusagen Seelenbilder. Ich kann mich an ein hohes Gemälde von einer weiten Landschaft mit Seen erinnern. Mit weiß, etwas blau, grün und gelb und rot.

 

 

 

Die blauschillernden Libellen fliegen wieder. 

Samstag, 7. Juni 2008

Am Abend waren wir eingeladen. Auch ein Zauberer war anwesend, der die Gäste mit unglaublichen Kunststücken, vor allem mit Spielkarten, unterhielt. Fasziniert beobachtete ich ihn. Manches schien einfach unmöglich, unglaublich, besonders die Kartentricks. Einmal wurden wir aufgefordert, den Namen jeweils einer Stadt auf einen bunten Zettel zu schreiben. Die Zettel wurden zusammengefaltet, eingesammelt, kamen in eine Tüte, später zogen dann drei Personen aus dem Publikum jeweils einen Zettel aus der Tüte. Auf dem ersten stand nichts, auf dem zweiten Zettel stand der Name eines Ortes, den ich nicht mehr weiß, und auf dem dritten Zettel stand Madrid. Madrid stand dann auch wie von Zauberhand auf einer Schiefertafel, welche eine andere Frau aus der Gästeschar während dieser Zeit mit einer zweiten Tafel verdeckt hielt, die davor leer gewesen waren. Ich war während des Abends sehr begeistert. A war dann deshalb sehr gekränkt.

 

Sonntag, 8. Juni 2008

 

Ich träumte von den Zweigen der Weide am Bach. Ihre länglichen Blätter, sie waren auf einmal nicht mehr hellgrün, sondern rosa gefärbt. Die Weide hatte rosa Blätter. Wind wehte. Er kam von Osten und bog die biegsamen langen Weidenruten in westlicher Richtung. Manche der Zweige hatten auch gar keine Blätter mehr, hatten all ihre Blätter verloren.

 

 

 

Schlimme Kopfschmerzen und auch Bauchweh. Es schien, als würde sich den ganzen Tag über ein Gewitter zusammenbrauen.

 

 

 

Noch ein Traumbild: Da war ein kleines Mädchen, es saß rechts am Kopfende eines langen Holztisches. Es trug ein weißes ärmelloses T-Shirt und eine rosafarbene, kurze Hose. Und es hat eine goldene Krone aus Pappe auf seinem Kopf. Es sitzt in der Hocke, kommt noch nicht hoch.

Montag, 9. Juni 2008

Ein Kochherd, ein Gasherd, stand in der Mitte einer ansonsten leeren Arena. Einer Zirkusmanege, es war eine Zirkusmanege. Die Reihen mit den Zuschauern lagen im Dunklen. Über dem Herd war ein riesiges kegelförmiges Blumengesteck befestigt, es schwebte in einigem Abstand über dem Herd wie in der Luft. Dieses ungewöhnliche Blumengesteck bestand ganz und gar aus tiefroten, aus weißen und aus goldenen Rosenblüten und war bestimmt so groß wie der Herd. Da kam ein Kellner von rechts zum Herd geschritten und nahm eine rote Rosenblüte aus dem Rosengesteck, um sie jemanden, vielleicht seiner Liebsten, zu geben. Ein Traumbild.

 

 

 

Wieder starke Kopfschmerzen. Und wieder diese Schwüle, diese drückende Atmosphäre. Nahm Mittags eine Tablette, damit ich den Tag überstehen würde. Abends unendlich müde. Wenig später, als ich mich auf das Sofa gesetzt, war ich eingeschlafen.

Dienstag, 10. Juni 2008

Ein Traumbild von einem rosafarbenen Herzen, außenherum schwarzweiße Ranken. Und von olivgrünen Ostereiern mit vielen kleinen Osterhasen, die auf den Eiern herumkletterten.
Und ein Traum von Tibet:
In dem Ort, in dem ich liebe. Über allem liegt ein dicker Nebel. Doch dann verschwindet die Nebelwand langsam, die Sonne bricht durch, und ich sehe, daß unser Haus mit der Werkstatt in Wahrheit von unglaublich hohen Bergen umgeben ist, in Wahrheit also mitten im Himalaya liegen muß. An einem Ort, das von den höchsten Bergen begrenzt ist. Im Norden erhebt sich ein steiler Berg. Der Blick fällt in Richtung Osten. Dort ebenso. Herrliche Tempel erscheinen hier aus dem Nebel, der sich wie ein weißes Tuch wegrollt, wie eine weiße Wolkenwand. Es ist wohl ein Tempelberg - der Berg ist ein Tempel. Ich erinnere mich noch zwei hohe, stufige Tempelgebäude (wie zum Beispiel die hohen Tempeltürme in Ankor Wat) gesehen zu haben, in dieser leicht gebogenen Form, sie waren zu Füßen des steilen Berges. Das sah wunderschön und beeindruckend aus. Ich staunte sehr. Im Westen erhebt sich ebenfalls ein steil zulaufender Bergabhang, er ist bewaldet, voller Tannen. Und die Tannen tragen buntes Herbstlaub, sie sind teilweise rostbraun. Ich sah es ganz deutlich, die Sonne beschien es so. Es ist also Herbst. Indian Summer. Die Gipfel der drei hohen Berge sehe ich allerdings nicht, nur die steilen Bergabhänge. Vor dem Berg im Norden ist noch ein seltsames Gerät, etwas wie ein hoher, blausilbriger Kran aufgebaut, ein futuristischer Kranarm. Im unserem Hof leuchtet alles bunt und sonnenbeschienen und überall sind kleine Japaner, die den Hof und die Berge fotografieren. Ich ziehe im Hotelzimmer um. Und sammele dafür die beiden Katzen in dem einen Zimmer, in dem ich war, ein. Ich mußte noch über einen Spalt aus dem Zimmer heraus springen. Das Hotelzimmer lag sehr hoch. Aber jetzt gehe ich hinunter. Meine Mutter sitzt unten im Büro. Ich kann es kaum erwarten, die Gegend zusammen mit einer Jugendgruppe zu erkunden. Diese geheimnisvollen und wunderbaren Berge. Und bin voller Energie, mit der Jugendgruppe die Berge zu besteigen.

 

 

 

Die Seerose in der blauen Emailleschale hat gerade sieben wunderschöne Blüten, die zwischen den dicken glatten Blättern auf dem Wasser schwimmen.

Mittwoch, 11. Juni 2008

Ich habe auf die Frage vor fünf Jahren über die Bedeutung der Symbolik Dreieinigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist) eine Antwort erhalten. Eine Antwort in dem Sinne, daß ich über die tiefe Bedeutung davon im Menschen las. Eine Antwort, welche aus dem Buddhismus kommt. - Denn es geht immer nur darum, um den Menschen selbst.
Und gleichzeitig ist da wieder eine Verbindung zum Isenheimer Altar.
Und zu meiner Lektüre im Sommer letzten Jahres.

 

Donnerstag, 12. Juni 2008

In der Nacht hatte sich der zunehmende Mond, welcher langsam über die Baumwipfel wanderte, auf einmal in eine große weiße Blüte am dunkelblauen Himmel verwandelt, die sich nach Osten hin geöffnet hat. Die Blüte erinnerte mich an die Blüte einer Anemone, einer Erdbeere. In ihrem Zentrum hatte diese ätherisch zarte und durchscheinend weiße Blüte einen hellgelben Kegel. Einen Keimkegel.
Wenn sich der Mond in eine Blüte verwandelt hat, das ist doch bestimmt ein gutes Zeichen, nicht wahr? Denn wo eine Blume ist, da sind auch Schmetterlinge und Bienen.
Ein Schiff fuhr auf dem Main, es hieß Morgenstern. Und da war ein großer Vogel im Wald, der wie in Zeitlupe ganz nahe vor mir von links nach rechts über die schmale Straße flog, auf der ich gerade fuhr. Eine Eule vielleicht. So etwas ist stets ein besonderer Augenblick.